Die Frage ist immer wieder ein Streitpunkt und Anlass für grundsätzliche Diskussionen bei Werbekampagnen zwischen Auftraggebern und ihren Werbeagenturen: Ist das wirklich witzig – und für wen? Es ist oft ein schmaler Grat, auf dem sich Werbetreibende bewegen beim Versuch, durch Humor zu überzeugen. Denn eines ist unbestritten: Aufmerksamkeit kann mit eher humorvollen Bildern und Botschaften schon gewonnen werden, aber auch Glaubwürdigkeit? Diese ist im wahrsten Sinne des Wortes schnell verspielt, denn mit Humor verkleidete Botschaften werden oft als platt oder gar manipulativ wahrgenommen, der Absender wird schnell als weniger seriös empfunden.
Anbieter von Konsumprodukten des täglichen Gebrauchs setzen nach wie vor häufiger auf Humoriges. Wie etwa die im deutschen Norden beheimatete Brauerei Holsten, deren zweideutige Wortspiele schon seit Jahren den Markenkern definieren. Mit Plakatmotiven wie „Schicke Pullen“, die zwei Polizisten in lustig verfremdeten Uniformen zeigen, die jeweils eine Flasche Astra hochhalten. Oder mit der Nahaufnahme einer Lunchbox, in deren Mitte prominent eine Bierflasche prangt mit dem Lob dazu „Mutti ist die Beste!“ Doch bei dem schon eher schlüpfrigen Bild mit den beiden Bierflaschen-haltenden Dragqueens mit der Headline „in diesem Bild sind 4 Eier versteckt“, sind Geschmacksgrenzen schnell erreicht. Und vermutlich auch die Grenzen des erreichbaren Zielpublikums.
Lachbombe oder Rohrkrepierer?
An solche Limitierungen stößt man mit witzig Gemeintem immer wieder, denn was die einen komisch finden, verstehen andere vielleicht überhaupt nicht – oder fühlen sich sogar persönlich angegriffen. Weil Humor oft eine widersprüchliche Aussage vermittelt, die gerade bei einem dispersen Zielpublikum nicht immer die gewünschte Wirkung zeigt, bis hin zu krachender Ablehnung. Der Inhalt muss zur Produktgattung, zur aufgebauten Marke, und vor allem auch zur Zielgruppe passen. Wenn zum Beispiel die Brauerei Krombacher – „die Perle der Natur“ – ihre etablierte Markenpositionierung plötzlich durch Griffe in die Witzekiste aufpeppen wollte, würde das auf deren Stammkundschaft wohl eher unglaubwürdig und abstoßend wirken.
Doch wie wir alle wissen, mit trockenen Fakten allein und rationaler Argumentation bleibt die Botschaft leider oft ungehört oder ungesehen. Aufmerksamkeit zu erzeugen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Werbung, vor allem angesichts einer immer größeren Flut von auf uns wirkenden Reizen und Botschaften. In unserer heutigen Bewegtbilderwelt in den sozialen Netzwerken zeigen unterhaltsame und lustige Motive zwar ein höheres virales Potenzial, was allerdings nicht unbedingt ein Vorteil sein muss. Denn danebengegangene Gags sind der ideale Nährboden für Shitstorms, die sich noch schneller verbreiten als alles andere.
Wie viel Unterhaltung braucht Werbung?
Dabei soll Werbung ja in erster Linie Sympathie erzeugen und Optimismus verbreiten, das Werbeversprechen möglichst attraktiv und gleichzeitig glaubhaft darstellen. Storytelling ist auch in Werbebotschaften ein wichtiger Faktor, doch wenn diese Story mit Humor angereichert wird, ist äußerste Sensibilität gefragt. Bleibt vor lauter Entertainment auch die Message hängen? Wir alle können uns noch an den einen oder anderen lustigen Werbespot erinnern und haben die Schlusspointe präsent – aber nicht unbedingt die dazugehörige Marke. Der “Vampireffekt“ hat zugeschlagen, wenn der Witz das Produkt und die Botschaft in den Hintergrund verdrängt.
„People don’t buy from clowns“ war schon in den 60er-Jahren eine gängige Erkenntnis in der Werbeszene, die vor allem im Bereich der B2B-Kommunikation nach wie vor Gültigkeit hat. Gleichwohl sind Unternehmen und ihre Agenturen oft uneinig darüber, wie viel Unterhaltung in einer Werbung stecken darf – wenn das Angebot noch ernstgenommen werden soll. Obwohl Humor in der Werbung immer wieder gerne eingesetzt wird, hat die Forschung dazu dessen allgemeine Wirksamkeit schon vielfach infrage gestellt. Die Welt ist leider voll von gefloppten oder zumindest wirkungslosen Werbegags. Denn mit jemandem zu lachen, oder über jemanden lachen, ist und bleibt ein feiner Unterschied.