Laut einer Studie im Auftrag der Bundesvereinigung Arbeitgeberverbände (BDA) ist „die führende Industrienation Europas dabei, die Zukunft zu verpassen“. Ein Ergebnis, das die BDA selbst als „niederschmetternd“ bezeichnet. Zwar liegt Deutschland in der EU in den meisten Feldern der Digitalisierung (noch) auf einem mittleren Platz. Doch angesichts der starken Konkurrenz, vor allem aus den USA und Asien, wäre schon ein Verbleib im EU-Mittelmaß für Deutschland als bedrohlich anzusehen. Denn weltweit gesehen liegen wir damit weit hinten – was für die Zukunftsaussichten einer Exportnation als fatal bezeichnet werden kann.
Das könnte unter anderem daran liegen, dass vor allem „Führungskräfte in Unternehmen nicht auf das KI-Zeitalter vorbereitet“ sind, wie es in einer sehr deutlichen Kritik auf new-work.se schon vor Monaten hieß: „Eine neue Studie zeigt auf, dass eine deutliche Mehrheit der Führungskräfte ihre Organisationen als nicht ausreichend vorbereitet ansieht. Auch bei ihnen selbst gibt es zu dem Thema Defizite.“
Dabei stimmt besonders der letzte Satz bedenklich, denn eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studie lautet: „Lediglich 41 Prozent der Führungskräfte fühlen sich persönlich bereit, die durch KI verursachten Veränderungen zu bewältigen. Nur 20 Prozent sind der Meinung, dass ihre Organisationen gut auf den Wandel vorbereitet sind.“
Eigenes Verständnis ist essenziell
Die Autoren Christoph Bornschein (Internetexperte und Berater) und Enzo Weber (Professor am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg) haben zu dem Thema eine sehr klare Position: „Wer in einer von neuen Technologien, Machine Learning und KI geprägten Zukunft nicht nur Anwender sein will, muss die Grundlagen dieser Technologien und ihre Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft verstehen.“
Einerseits stehen mehr als 90 Prozent der Befragten der KI im Prinzip positiv gegenüber und erwarten große Umbrüche für ihr Unternehmen. Allerdings erwarten nur 43 Prozent von ihnen Veränderungen ihrer eigenen Aufgaben, was voraussichtlich nicht mit der Realität vereinbar sein wird. Da taugt auch die am häufigsten genannte Begründung für die Defizite im KI-Zeitalter nicht als Entschuldigung, wie die Studie weiter zeigt: „73 Prozent der Führungskräfte, die ihre Organisationen als unvorbereitet betrachten, bezeichnen einen Mangel an personellen Ressourcen als einen Hauptgrund für ihre negative Einschätzung.“
Fachkompetenz wird auf allen Ebenen gebraucht
Personalprobleme werden in diesem Fall gerne der Politik allein zugeschrieben, was das Ranking „Expat Essentials Index“ von InterNations drastisch bestätigt. Bei der Frage, wie leicht es Zuwanderern hierzulande gemacht wird, landet Deutschland nach wie vor auf den letzten Plätzen von 52 Ländern! Doch Unternehmen können sich mit eigener Initiative durchaus Vorteile am Arbeitskräftemarkt verschaffen. Ein qualifiziertes Employer-Branding-Konzept kann hier den Unterschied ausmachen.
Nur sind damit die Herausforderungen für Führungskräfte noch nicht bewältigt. Sie sollten nicht nur überblicken können, was KI alles leisten kann, sondern sich auch über rechtliche Fragen im Zusammenhang mit KI-Einsätzen bewusst sein – und nicht zuletzt über Sicherheitsaspekte bei der Digitalisierung. Laut Branchenverband Bitkom verursachen organisierte Hacker jährlich über 200 Milliarden Euro Schaden in der Wirtschaft. Ein Beleg dafür, dass viele Führungskräfte das Bedrohungsrisiko noch immer unterschätzen und eine erschreckende Sorglosigkeit und Nachlässigkeit hinsichtlich der eigenen Gefährdung durch Cyberkriminalität zeigen. Um die IT resilient aufzustellen, sollte keinesfalls am Sicherheitsbudget gespart werden.
Ab Herbst 2024, also jetzt, sind auch Geschäftsführungen von kleineren Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden gefordert, sich umfassend und nachweisbar gegen Cyberangriffe abzusichern. Mit der NIS2-Richtlinie soll das Cybersicherheitsniveau in der gesamten EU ab dem 18. Oktober 2024 deutlich verstärkt werden