Presseartikel: Statt Würgegriff mehr Gestaltungsraum

Pforzheim, 15. März 2025, Veröffentlichung in der Pforzheimer Zeitung

Unternehmer aus Pforzheim und Region fordern politische Kurskorrektur. 

Unternehmer brauchen Mut, Weitblick und Freiräume. Gerade in Zeiten großer wirtschaftlicher Unsicherheit und geopolitischer Spannungen sollten sie sich auf Strategien konzentrieren können. „Nicht auf extreme Regularien, die lähmen. Unternehmer sollten vor allem am und nicht im Unternehmen arbeiten“, betont Karin Bacher, CEO der Pforzheimer Unternehmensberatung Karin Bacher Consultants. Dreimal pro Jahr lädt sie andere Firmenchefs und Führungskräfte aus der Region zu einem Business Meet-Up ein, um über Brennpunktthemen zu diskutieren und sich auszutauschen. Erstmals richtete sie das Event mit einer anderen Beratung in Kooperation aus, in den Räumlichkeiten von Just4People in der Pforzheimer Innenstadt.

Beim ersten Treffen in 2025 am vergangenen Donnerstag war die Bundespolitik großes Thema, unter dem Motto: „Wie geht es weiter nach der Wahl?“ Denn: Politische Rahmenbedingungen haben einen stärkeren Einfluss auf wirtschaftlichen Erfolg als jemals zuvor. „Gerade in Krisenzeiten brauchen wir Verlässlichkeit, keine Gängelung“, so Bacher. Wie massiv kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) von den Entscheidungen in Berlin, aber auch Brüssel, in ihrer Wettbewerbsfähigkeit abhängig sind, machten ein konstruktiver Impuls des Pforzheimer Oberbürgermeisters a.D. Gert Hager deutlich sowie ein Panel, an dem Firmenchefs und Führungskräfte teilnahmen.

In der Art der Ausarbeitung von Gesetzen und Regularien, auch beim Thema Fachkräftemangel, Migration und im Bereich Bildung besteht laut Gert Hager großer Handlungsbedarf. Rahmenbedingungen müssten Spielräume lassen, die Unternehmen dann gestalten könnten. „Unternehmertum kommt von unternehmen, etwas unternehmen können. Die Politik hat es geschafft, dass Unternehmer sich immer weniger bewegen können. „Was den Fachkräftemangel angeht sind wir ganz oben auf der Achterbahn, bevor es rapide schnell abwärts geht“.

Ohne qualifizierte Menschen sei Zukunft nicht zu denken. 20 Prozent der Jugendlichen verließen die Schule ohne Abschluss. Sowohl in den Schulen, als auch den Unternehmen vermisst Hager die passenden Anreize für mehr und bessere Leistung. Rentner könnten, um dem Arbeitsmarkt mit ihrer Erfahrung erhalten zu bleiben, einen Teil steuerfrei verdienen. Auch sehe er eine Notwenigkeit darin, die Lücke zwischen Migration und Qualifikation besser zu schließen, indem der Fokus im Integrationsprozess viel früher darauf gelegt werde, was Menschen qualifiziere, die ins Land kommen.

Wie pragmatische, am Menschen orientierte Lösungen, zudem aussehen könnten, schilderte Panel-Teilnehmerin Eva Zeitler-Koch, leitende Architektin in Pforzheim und Karlsruhe. Sie sprach sich für „mehr Mut für bezahlbaren Wohnraum“ aus. Über Lockerungen gewisser Standards im Wohnungsbau könnten mehr Investoren gewonnen werden für Projekte. Dabei geht es ihr nicht um Abstriche bei der Sicherheit, sondern um eine Art Luxusdebatte. Auch beim Thema Umwidmung könnte viel bewegt werden, wenn Regularien hinterfragt würden oder wegfielen.

„Steuervergünstigungen und Fördermodelle wären passende Anreize seitens der Politik“, sagte Zeitler und sieht in allem sogar einen gesellschaftlichen Impact: „Man kann sich mit diesen Angeboten gezielt an Menschen richten, die das brauchen und bisher vom Wohnungsmarkt oder dem Thema Eigenheim ausgeschlossen sind.“

Pragmatismus, Mut, Offenheit – das wünschten sich alle an diesem Abend von einer neuen Bundesregierung. „Die Unternehmer brauchen jetzt einfach positive Akzente“, bringt es Thomas Satinsky, Geschäftsführender Verleger der Pforzheimer Zeitung, auf den Punkt. 

Bewusst sollten die Beiträge keine Beschwerden per se sein, sondern konstruktive Impulse. Ein Vorwärtskommen im Klimaschutz sei notwendig und in diesem Zuge der Ausbau erneuerbarer Energien. „Aber eben nicht so etwas daraus machen wie ein Heizungsgesetz oder ein Lieferkettengesetz“, warnte Hager und erhielt große Zustimmung. Je mehr unrealistische Details zusammenkämen, bringe das die Menschen gegen die Politik auf und setze Unternehmern zu. Lieber sollten sich Abgeordnete die Mühe machen, öfters in den Firmen der Region präsent zu sein. „Dann bekommen sie ein besseres Gespür für die Bedürfnisse und Notwendigkeiten.“

Was Podiumsteilnehmer Philipp Bauknecht vor allem fehlt: „Spaß an der Technologie. Dabei waren die Deutschen darin einmal Vorreiter“, sagt der Geschäftsführer der Medialession GmbH und Chef von rund 40 Mitarbeitenden. „In unserer Remote-first-Unternehmenskultur haben wir wirklich einen positiven Blick auf Technologie – in der Zusammenarbeit, in der Gestaltung unserer Arbeitskultur und in der Entwicklung von Lösungen. Das macht uns erfolgreich.“ Ihm liegt es nicht, in Limits zu denken, sondern in Chancen. Der Umgang mit technologischem Fortschritt bestehe derzeit mehr aus Verboten als aus Offenheit. „Was wir brauchen, ist einfach mehr Begeisterung, eine andere Einstellung für mehr Innovation.“

Quelle Text: Pforzheimer Zeitung, Alexandra Leibfried

Presseartikel Pforzheimer Zeitung