Umwege als Fortschrittsantrieb?

In einem Bei­trag auf Xing be­trach­te­te Prof. Dr. Mi­cha­el Groß, der bis­lang er­folg­reichs­te deut­sche Schwimm­sport­ler und selbst­stän­di­ge Un­ter­neh­mens­be­ra­ter, das Thema „Kri­sen­ma­nage­ment“ unter der Über­schrift „Um­we­ge schaf­fen Fort­schrit­te“ – an­ge­regt durch die Er­fah­run­gen vie­ler wäh­rend der Pan­de­mie, die oft rie­si­ge Hin­der­nis­se dar­stell­te, so­wohl für die Ent­wick­lung per­sön­li­cher Le­bens­we­ge wie für ganze Un­ter­neh­men.

Im Rück­blick auf die Her­aus­for­de­run­gen die­ser Zeit er­klärt er: „Auch Um­we­ge kön­nen zum Ziel füh­ren und – und sogar neue Per­spek­ti­ven schaf­fen. Das ist der erste Im­puls, der Ihnen akut wei­ter­hel­fen kann, falls Sie durch die En­er­gie­kri­se und den Ukrai­ne­krieg er­neut Hin­der­nis­se vor sich haben: Wel­che Hin­der­nis­se, für die Sie zu­nächst not­ge­drun­gen Um­we­ge ma­chen muss­ten, haben Ihnen bis heute wich­ti­ge Im­pul­se ge­ge­ben, um wirk­sa­me Ver­än­de­run­gen schnel­ler um­zu­set­zen?“ Wir wol­len hier die in­ter­es­san­ten Ge­dan­ken von Prof. Groß wei­ter aus­füh­ren – und un­se­re Sicht­wei­se dazu.

 

Kri­sen schaf­fen In­no­va­tio­nen

Als wich­tigs­te Ent­wick­lun­gen der Pan­de­mie­zeit dürf­ten wohl das ex­plo­si­ve Wachs­tum hy­bri­der Ar­beit und damit zu­sam­men­hän­gend neue und krea­ti­ve Füh­rungs­in­stru­men­te aus dem Be­reich „Re­mo­te Lea­der­ship“ gel­ten. Unter an­de­rem hat die Ein­füh­rung von Di­gi­tal Work­places die Or­ga­ni­sa­ti­ons­kul­tur in vie­len Un­ter­neh­men in Rich­tung dy­na­mi­scher Ar­beits­wel­ten nach­hal­tig ver­än­dert und gleich­zei­tig deren Zu­kunfts­aus­sich­ten ver­bes­sert.

Wei­ter führt Prof. Groß aus, dass Hin­der­nis­se, wie die zahl­rei­chen klei­nen All­tags­pro­ble­me, die „Kri­sen-Ka­te­go­rie eins“, zu­nächst ein­mal etwas Nor­ma­les sind, auf das wir üb­li­cher­wei­se mit un­se­rem be­stehen­den Wis­sen und un­se­ren Er­fah­run­gen in ver­gleich­ba­ren Si­tua­tio­nen re­agie­ren und so das Pro­blem in den Griff be­kom­men. Meist ge­schieht das ohne große Stopps oder Um­we­ge, da wir für sol­che Si­tua­tio­nen be­währ­te „Re­pa­ra­tur­sets“ vor­hal­ten.

 

Um­we­ge kön­nen auch Ab­kür­zun­gen sein

In der zwei­ten Ka­te­go­rie sehen wir akute und un­vor­her­ge­se­he­ne Kri­sen mit grö­ße­ren Hin­der­nis­sen, wie zum Bei­spiel der Ver­lust eines gro­ßen Auf­trag­ge­bers, was immer mög­lich ist und nicht immer über­ra­schend kommt. Hier ist vor allem erst mal die „Brand­be­kämp­fung“ ge­fragt, bevor sich der Blick auf die lang­fris­ti­gen Aus­wir­kun­gen und Per­spek­ti­ven rich­ten kann.

Wenn diese nicht oder nur un­zu­rei­chend mit den vor­han­de­nen In­stru­men­ta­ri­en und Res­sour­cen an­zu­ge­hen sind, steht man schnell vor der Frage: Wel­chen Umweg zum Ziel neh­men? Oder gar neue Ziele for­mu­lie­ren? Und schon lan­det man bei der drit­ten Kri­sen-Ka­te­go­rie, die ohne Im­pul­se für grund­sätz­li­che Ver­än­de­run­gen nicht mehr aus­kom­men wird.

Um diese drit­te Ka­te­go­rie geht es Prof. Groß vor allem: „Hin­der­nis­se, die sich auf­ge­baut haben. Wir hät­ten sie sehen kön­nen, wenn wir zuvor ge­nau­er hin­ge­schaut hät­ten, wie bei der ei­ge­nen Ge­sund­heit oder auch bei zu knap­pen In­ves­ti­tio­nen in die ei­ge­nen Kom­pe­ten­zen. Das gilt von der ei­ge­nen Per­son bis zu einem gan­zen Un­ter­neh­men.“ Nichts tun und ab­war­ten hilft hier nicht wei­ter, das Hin­der­nis wird da­durch nur noch grö­ßer. Der Ge­ra­de­aus­weg ist ver­baut, ein Wei­ter­ge­hen kann es nur über Um­we­ge geben.

Hier kom­men laut Prof. Groß diese drei zen­tra­len As­pek­te ins Spiel, wie aus Hin­der­nis­sen Fort­schritts­ge­ne­ra­to­ren wer­den kön­nen – und die­sen As­pek­ten stim­men wir grund­sätz­lich zu:

„An­er­ken­nen statt ver­drän­gen“
Das Pro­blem ein­fach zu igno­rie­ren ist fatal und kann zum to­ta­len Still­stand füh­ren. Die ent­stan­de­ne Si­tua­ti­on ist zu de­fi­nie­ren und zu ak­zep­tie­ren. Sie muss Grund­la­ge sein einer neuen, an­ge­pass­ten Ziel- und Weg­aus­rich­tung, die oft sogar die ge­sam­te Un­ter­neh­mens­pla­nung ein­schlie­ßt.

„Sze­na­ri­en ent­wi­ckeln“ 
Für Um­we­ge be­stehen immer meh­re­re Op­tio­nen, die alle mit ge­wis­sen Un­si­cher­hei­ten ver­bun­den sind. Diese ver­schie­de­nen Sze­na­ri­en zu ge­wich­ten und rich­tig ein­zu­schät­zen, stellt die grö­ß­te Her­aus­for­de­rung dar, zu der vor allem diese Fra­gen zäh­len: Wel­che Ge­stal­tungs­macht ist noch vor­han­den? Wie hoch wird der ei­ge­ne Ein­satz wer­den? Wie wird das Ver­hält­nis von Auf­wand und Er­trag sein? Und wie groß wird der Ein­fluss neuer Ab­hän­gig­kei­ten?

„Ent­schei­den und be­gin­nen“
Eine grund­sätz­li­che Rich­tungs­ent­schei­dung ist zu tref­fen trotz aller Un­wäg­bar­kei­ten. Diese kön­nen nur aus­ge­räumt wer­den durch kon­kre­te und zeit­nah be­gin­nen­de Maß­nah­men. Hilf­reich dabei ist al­lein schon das Be­wusst­sein, dass bei der Kri­sen­ana­ly­se meh­re­re Sze­na­ri­en be­dacht wur­den. Dies kann im Falle einer even­tu­ell we­ni­ger Er­folg ver­spre­chen­den ers­ten Ent­schei­dung die schnel­le Re­ak­ti­on auf einen ge­eig­ne­te­ren Umweg er­mög­li­chen.