Richtig entscheiden im Team
Immer mehr Führungskräfte delegieren Entscheidungen ins Team. Zu Recht, denn für Einzelne sind die häufig komplexen Aufgabenstellungen kaum mehr überschaubar. Und guten Chefs ist bewusst, dass sie nicht alles wissen und über entsprechende Kompetenzen im Team verfügen, die sie nutzen können. Ganz abgesehen davon werden gemeinsam getroffene Entscheidungen von den Mitarbeitern getragen und sie handeln entsprechend motivierter.
Diese Verantwortung muss aber erlernt werden. In agilen Strukturen unterstützt der Agile Coach. In allen anderen Organisationen hilft ein Training oder, falls vorhanden, ein Moderator. Hier eine Möglichkeit zum Ausprobieren – und zwei zwar beliebte, aber weniger gute Entscheidungsmethoden:
Die schlechte Nachricht: bloß keine Mehrheitsentscheidungen
Wenn ein Team schnell und gut entscheiden soll, sind Mehrheits- oder Konsensentscheidungen nicht geeignet. Zumindest nicht, wenn es das Ziel ist, alle abzuholen und das beste Ergebnis für die jeweilige Aufgabe, den Kunden oder das Projekt zu erreichen. Beim Konsens einigt sich das Team meistens auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Richtiger wäre eine sachliche Lösung im besten Sinne des Unternehmens. Ewig lange Diskussionen, Abwägen der Für und Wider machen eben mürbe und nicht kreativ.
Bei einer Mehrheitsentscheidung besteht das Problem darin, dass sich oft nicht alle abgeholt fühlen. Negative Auswirkungen können die Folge sein, wenn die Entscheidung sehr knapp war, also etwa die Hälfte gegen das Ergebnis ist. Unzufriedene Teammitglieder und daraus resultierend demotivierte Mitarbeiter bis hin zum stillen Boykott sind ein schlechtes Ergebnis. Wenn diese Methode der Mehrheitsentscheidung gewählt wird, braucht man vorab von allen das Kommittment, dass das Ergebnis akzeptiert wird, egal wie es ausfällt.
Bessere und schnellere Entscheidungen treffen Teams beispielsweise mit den Methoden des konsultativen Einzelentscheids, Konsent-Entscheids oder der Elfer-Skala. In diesem Blog stellen wir den Konsent-Entscheid vor.
Der Konsent-Entscheid
Diese Methode beschleunigt Entscheidungen im Team. Wenn eine Führungskraft, ein Projektleiter oder Product-Owner erkennt, dass das Team Entscheidungen öfter vertagt, die Verantwortung nicht übernehmen will („Muss der Chef entscheiden, will ich nichts dazu sagen“) oder Einzelne sich nicht zu einer Entscheidung bekennen („Du willst das so umsetzen – das trage ich nicht mit!“), dann kann der Konsent-Entscheid helfen. Denn schließlich sollen alle Teammitglieder an einem Strang ziehen und vor allem lernen, schnell zu entscheiden. Bei üblichen Entscheidungsmethoden ist dies schwierig.
Statt beim Konsens alle zu fragen, ob sie dafür sind, geht es beim Konsent darum, nicht dagegen zu sein. Der Unterschied: Ziel ist es nicht, alle Details einer Lösung gut zu finden. Das Ergebnis muss lediglich für den jetzigen Kontext geeignet und realisierbar sein. Ganz im Sinne der Agilität also: Eine Entscheidung sollte sicher genug sein zum Ausprobieren. Es geht also nicht um die maximale, aktive Zustimmung, sondern um eine Minimierung der Bedenken.
Typische Fragen, um einen Konsent-Entscheid zu bewirken:
- Schadet es uns, wenn wir so handeln?
- Sieht jemand einen triftigen Grund, warum dieser Vorschlag Schaden anrichten könnte?
- Können wir mit Blick auf unser gemeinsames Ziel diese Entscheidung mittragen und mit den Konsequenzen leben?
- Hindert diese Entscheidung die Erreichung der Unternehmens-, Bereichsziele?Äußert ein Teammitglied ernste Bedenken, wird der Vorschlag nicht umgesetzt. Also nicht „stimme zu“, sondern „habe schwerwiegende (oder begründete) Einwände“ ist die Antwort, die zu einer Entscheidung führt.
Die Konsent-Entscheidung ist eine Teamentscheidung mit entscheidenden Vorteilen:
- Die Chance zur schnellen Umsetzung: Hohes Kommittment zur Entscheidung, da alle Teammitglieder die Chance hatten, einen validen Einwand vorzubringen, ohne endlose Diskussionen zu führen oder einen faulen Kompromiss zu erwirken.
- Eigen- oder Teaminteressen werden entlarvt, unpopuläre Argumente oder sachliche Einwände – oft von ruhigeren Teammitgliedern vorgetragen – finden Gehör und werden nicht durch Mehrheitsentscheide unter den Teppich gekehrt.
- Der Lerneffekt: in Lösungen denken, statt Probleme oder unbeliebte beziehungsweise ungewohnte Vorgehensweisen und Verhaltensweisen wegzudiskutieren.
Und wer Grundsätzliches zum Thema Entscheidungen und zu Ängsten, die damit verbunden sind, erfahren möchte – gerne meinen Podcast anhören: bit.ly/3IcmUOO (Auch auf Spotify, Deezer oder Apple Podcast)